Brennendes Licht – Volker Weidermann


Weit mehr als eine Biographie ist hier gelungen. Ein Geschichtsbuch, das zugleich scharfsichtig ist und literarisch feinsinnig. Versteht sich, dem Hörbuch fehlen Bilder und Quellenangaben; dafür genießt man – und es ist wirklich ein Genuss! – den Vortrag des Schauspielers Burghardt Klaußner. Mit wachem Gespür für Dramaturgie wechselt er Tempo und Tonlagen, von Szene zu Szene, von Satz zu Satz. Und er schafft immer wieder Momente, bei denen einem der Atem stockt. Momente wie diesen. Da trifft Egon Erwin Kisch seine Freundin Anna Seghers auf einer Straße in Mexiko-City, im September 1945.

„Er blickte mir, ohne zu lächeln, entgegen, selbst in seinen Augen funkelte es nicht. Seine ganze Person drückte unendliche Müdigkeit und Trauer aus. ‚Egonek!‘ sagte ich erschrocken, ‚der Krieg ist doch zu Ende!‘ ‚Eben‘, er seufzte, hängte sich schwer in mich ein, wie jemand, der Halt sucht. ‚Was werden wir jetzt alles erfahren. Das ganze unfassbare Sterben“



Anna Seghers in Mexiko

Das Glück auf Rädern?

Balkan 1993/2019. Wer leidet, blickt auch zurück. Doch auf sich selbst zurückgeworfen, kann man im Vergangenen nur ankern. In den heißen Räumen von Konflikten und Krisen wird Zeit gestaut und geschmolzen. Gründe verstummen. Was dafür gehalten wird, übertönt alles andere. Krieg stößt Menschen auch noch aus jener Geschichte aus, als deren Teil sie verletzt werden. Ihre eigenen Erfahrungen bleiben gleichwohl verwoben mit den Generationen zuvor. Ohnmacht, Schicksal, Spielball, immer wieder dieses Gefühl: Im Südsudan ringen die ehedem Versklavten um ihre Unabhängigkeit, bevor sie in einem Bürgerkrieg über sich herfallen. Der südöstliche Balkan ist voller Episoden von Entwurzelten, die ihre Heimat für den nationalen Gedanken aufgeben mussten. Wie so oft: Im Kampf um die Freiheit ist sie selbst nicht gefunden worden. Oder sie erstarrt im grellen Blitzlicht alter Verwundungen. Gewalt gemeinsam zu erleben, zerstört jedes Vertrauen, das eigene Leben gestalten zu können. Ihre Folgen schwären. Staaten scheitern, wenn nicht alle wissen: Warum?

Photonews Forum

november 2020


november 30th

november 29th

november 28th


november 27th

november 25th


final layout Pavillon Hannover – Ermisch | Böwig – november 24th

november 22nd
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upcoming: SIGNUM MORTIS | 40.555

Vom 5. bis 20. Dezember wird die Doppelausstellung SIGNUM MORTIS | 40.555 mit Fotografien und Collagen von Wolf Böwig in seiner Heimatstadt Hannover gezeigt. Sie ist dem Schicksal von Menschen gewidmet, die in den südöstlichen Grenzräumen Europas seit Jahrzehnten unter Krieg, Gewalt und Flucht leiden. Auf zahlreichen Reportagereisen hat Böwig die Region seit den Jugoslawienkriegen bis zu den jüngsten Fluchtkrisen eingehend dokumentiert. An den Fensterfronten des Kulturzentrum Pavillon wird die Ausstellung SIGNUM MORTIS zu sehen sein, ein gestalteter Querschnitt mit Aufnahmen seit den frühen 1990er Jahren. Auf dem Weißekreuzplatz gegenüber vom Pavillon wird die titelgebende Außenpräsentation 40.555 gezeigt. Neben Bildern und erläuternden Texten sind dort auch Listen jener dokumentierten Todesfälle zu sehen, die sich im Zusammenhang mit Fluchtereignissen an den europäischen Außengrenzen seit 1993 ereignet haben. Darauf verweisen ID-Cards nachempfundene Plastikschilder, die mitgenommen werden können. Die Ausstellung wird von mehreren Veranstaltungen sowie jeweils sonntags stattfindenden offenen Runden mit Wolf Böwig auf dem Weißekreuzplatz begleitet

SIGNUM MORTIS | 40.555

RIP: Thilo (1968-2020)


„bestbest friend“

„Ich habe viele Freunde, aber Arthur ist „bestbest friend“ sagt mein Sohn Henri vor drei Wochen.

Arthur sah ich das erste Mal 2005 in Kenia: „Wuf, Wuf“ sagte der kleine Junge, als er neben einem Hund stand. „Wolf, Wolf“ lachte sein Vater Thilo.

Im Juli 2011 sind wir alle zusammen in Bad Segeberg bei den Karl-May-Festspielen.

„Wir“: Thilo Thielke, Kurt Pelda und ich mit unseren Söhnen. Zuletzt trafen wir uns in Nairobi – Thilo und ich waren auf dem Weg nach Somalia, Kurt bereitete eine Reise nach Darfur vor.

Anfang der 90er Jahre wohnen Thilo und ich in Hamburg: er ist für Spiegel TV auf den Balkan. Und ich dort für die taz. Kurt wahrscheinlich in Angola.

Balkan, Kurdistan, Syrien, Irak, Tschetschenien, Afghanistan, Pakistan, Burma, Timor-Leste, Papua, Ruanda, Somalia, Kongo, Sierra Leone, Liberia – in vielen Konflikten waren wir unterwegs: Spiegel, Stern, NZZ, FAZ, Le Monde, Weltwoche, du, NYT, Internationale, Visao und LER publizierten unsere Reportagen und Fotos.

Jetzt im November wollten Thilo und ich uns für eine Reportage in Äthiopien treffen und zu einem Projekt am Nil recherchieren – am 10ten Oktober ruft er aus Kapstadt an kurz vor seinem Abflug nach Tansania. Wir halten Kontakt.

„Oma, etwas ganz Schreckliches ist passiert, Thilo ist gestorben“, sagt Henri meiner Mutter am 30ten Oktober vormittags am Telefon. Arthur, „bestbest friend“ hat ihn aus Südafrika angerufen.

Thilo stirbt bei Machame in seiner Lodge, am 30ten Oktober wacht er nicht wieder auf.

Wahrhaftig, ohne Fahne, zugewandt, keine Allüren, immer ganz nah dran: so erlebte ich ihn. Ich habe nur einige Freunde und keinen „bestbest friend“: Henri ist da schon weiter. Und ich wünsche sehr, dass diese Freundschaft bleibt

für Bianca, Sophie und Arthur
Wolf Böwig, 6. November 2020



It was an honour to be present and be a part of the ceremony that was held for Thilo yesterday.

The group of people gathered made it special, the beautiful letters by Arthur and Sophie were deeply touching.

Everybody has his own thoughts and feelings at times like this.

While the cremation was getting underway, the sun came out after all the rain that fell in the morning, it was like the world had come to peace with the situation.

While we were getting ready to leave, a group of about eight colobus monkeys gathered in the tree above us and barked a farewell as loud as they could.

It was a thing of sorrow and beauty at the same time.

We wish you all the strength you need in the coming time.
A great man is gone, but the memory lives on.

All the best!

Love,
J.H.

Tansania, november 11th




Wolf, Thilo, Marco – Papua Neuguinea 2011


Lieber Wolf,

nun hat sich der traurige Tag bereits gejährt und ich weiss, dass der Schmerz mich auch weiter begleiten wird. Als das besondere Licht sich anschickte, den Herbst zu vermitteln, den ich immer besonders mochte, war es in diesem Jahr ein Hinweis auf den sich nähernden Todestag meines Sohnes, ein langer Monat Oktober. Als ich kam, hatten sie Thilo bereits besucht, fand ich die Zeichen von Wolf, seinem Freund, mit dem ihn so vieles verbunden hat, einer der zum Flieger bringt morgens um fünf und Somalia 2003.


29.10.2021

Ich bedanke mich sehr dafür, lieber Wolf und wünsche ihnen, dass ihre Genesung sicher vorangeht und sie die schwierige Zeit hinter sich lassen können.

Schicke liebe Grüsse und Dank
Annette Thielke

 

Ein Feature über die zerschlagene Revolution – NDR Radio Info



Es ist ein Privileg, den Kampf um Freiheit mitzuerleben – Reporter Martin Durm im Gespräch

Martin Durm hat insgesamt sechs Jahre in Kairo als ARD-Korrespondent für den Nahen Osten gearbeitet. Als er 2011 im Land ist, bricht die arabische Revolution aus – und Durm ist mittendrin. Im Gespräch mit Sven Preger erzählt der Journalist, wie er den Arabischen Frühling erlebt hat, wie er als Berichterstatter nicht mehr erwünscht war und was ihn an Ägypten besonders fasziniert


Ägypten unter Al-Sisi



RIP: Traudel Boemker (geb. Boewig)


(1931-2020)

May the road rise to meet you,
may the wind be ever at your back.
May the sun shine warm upon your face,
may the rains fall soft upon your fields.
And, until we meet again,
may God hold you in the palm of his hand


unknown, Wolf-, Gerda- and Traudel Boewig – Southwestafrica 1933

 

october 2020

october 29th


first layout SIGNUM MORTIS | 40.555 – october 26th

in memory of Franz Oberrauch – from Moshe, Henri and Wolf

Those Winter Sundays

Sundays too my father got up early
and put his clothes on in the blueblack cold,
then with cracked hands that ached
from labor in the week
day weather made
banked fires blaze. No one ever thanked him.

I’d wake and hear the cold splintering, breaking.
When the rooms were warm, he’d call,
and slowly I would rise and dress,
fearing the chronic angers of that house,

Speaking indifferently to him,
who had driven out the cold
and polished my good shoes as well.
What did I know, what did I know
of love’s austere and lonely offices?

by Robert Hayden


october 24rd


october 23rd
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Judas – Amos Oz


Heute glaube ich an die kleinen Gesten. In „Judas“ erwähne ich, wie Judas kurz bevor er sich erhängte, mit dem Gedanken spielte, ein hässliches schwangeres Dienstmädchen zu adoptieren, das er gerade in einer Gastwirtschaft getroffen hatte, und sich eines kranken streunenden Hundes anzunehmen.

Wenn irgendwo ein großes Feuer ausbricht, kann ich drei Dinge tun. Ich kann davonlaufen und diejenigen, die nicht laufen können, verbrennen lassen. Oder ich kann protestieren, sodass diejenigen, die für das Feuer verantwortlich sind, zur Rechenschaft gezogen werden. Und als dritte Möglichkeit kann ich nach einem Eimer Wasser greifen und versuchen, das Feuer zu löschen. Wenn ich keinen Eimer habe, nehme ich ein Glas, und wenn ich nicht einmal ein Glas habe, dann nehme ich einen Teelöffel, um Wasser ins Feuer zu schütten. Ein Teelöffel ist natürlich sehr klein und das Feuer ist riesig, aber wenn viele von uns einen Teelöffel benutzen, können wir das Feuer vielleicht gemeinsam löschen. Verglichen mit den Visionen, die ich als junger Mann hatte, ist dies nicht viel, aber ich würde sagen, diese Geschichte ist der Kern meines Glaubensbekenntnisses



Amos Oz im Interview mit Thomas David – Welt

Judas

september 2020


september 30th

new portfolio – september 28th

september 24th

september 22nd

für Roger – september 17th

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RIP: Birol



DIE MUTTER: Weil du zuviel gehaßt hast.
DER REBELL: Weil ich zuviel geliebt habe.

Albert Camus – Fragen der Zeit

Mein Captain

VG-Bild Stipendium 2020

In meinen fotografisch-dokumentarischen Arbeiten (1993–2020) habe ich mich eingehend mit zahlreichen Krisenregionen in Asien, Afrika und Europa befasst. Dabei habe ich in den vergangenen Jahren einen geographischen Bogen vom indischen Subkontinent über die Region Pakistan und Afghanistan bis hin zum Balkan betont. Ein Großteil dieser Arbeiten on isolation: fragmented peripheries zielt darauf ab, die historischen wie gegenwärtigen Zusammenhänge von Gewaltereignissen, Raumordnungen und Migrationsphänomenen fotografisch und im Medium der künstlerischen Collage sichtbar zu machen. Den entstehenden Objekten kommt dabei zugute, dass ich mich über die Jahre hinweg wiederholt in den entsprechenden Regionen aufgehalten habe und mit mehreren Bildschichten arbeiten kann

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