Arno Widmann – ON THE EVENING OF WORDS

an attempt to introduce the great Asli Erdogan

Seit dem 1. September 2022 ist Asli Erdogan Artist in Residence am Maxim Gorki Theater. Am 16. August 2016 wurde sie zusammen mit anderen Mitarbeiter*innen der kurdisch-türkischen Tageszeitung Özgür Gündem festgenommen. Die meisten von ihnen wurden am 18. August – die Zeitung war inzwischen von den Behörden geschlossen worden – wieder freigelassen. Asli Erdogan dagegen kam ins berüchtigte Bakirköy-Gefängnis. Im Dezember legte die Staatsanwaltschaft ihre Anklageschrift vor. Sie forderte unter anderem wegen Mitgliedschaft und Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK lebenslange Haft für Asli Erdogan. Die nutzte ihre Verteidigungsrede, um weiter auf die Massaker an den Kurden und auf die Unterdrückung der Meinungsfreiheit in der Türkei hinzuweisen. Im September 2017 wurde die Ausreisesperre für Asli Erdogan aufgehoben. Im Februar 2020 wurde sie von einem türkischen Gericht in Istanbul vom Vorwurf des Terrorismus freigesprochen. Dagegen ging die Staatsanwaltschaft wiederum vor, Asli Erdogan hatte davon geschrieben, dass die türkischen Behörden jemandem, der nach dem Verbleib seines Vaters gefragt hatte, fünf Kilo Fleisch und Knochen überreicht und gesagt hatten:
Das ist er. Danach stoppe ich erst einmal und wohl viele Leserinnen mit mir. Ich bin entsetzt, denke nach. Für ihr politisches Engagement, für ihre Klugheit, ihre Menschlichkeit und ihren Mut bewundere- und liebe ich Asli Erdogan. Aber es wäre dumm, ja ein Verbrechen, darüber die Schönheit ihrer Sprache zu übersehen. Eine Kollegin sagte mir einmal voller Mitgefühl, die Autorin müsse sich sehr einsam fühlen, hier in Berlin habe sie doch kaum jemanden, mit dem sie sich austauschen könnte. Für sie wird das wohl überall auf der Erde schwierig sein, dachte ich. Nicht weil sie distanziert, sondern weil sie es nicht ist. Sie interessiert sich für so unterschiedliche Dinge so intensiv wie wohl kaum jemand auf der Welt. 1991 bis 1993 arbeitete die Physikerin am europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf. Sie war mit auf der Jagd nach dem so- genannten Higgs-Boson- oder auch Gottes-Teilchen. das allerdings dann doch anders wirkte, als es der Theorie nach hätte tun sollen.



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