MIGOZARAD

Ungeregelte Grenzen und sich überschneidende Siedlungsgebiete, gesprenkelt hier wie dort mit Exklaven, erzählen von Kriegen, von Zerstörung und Vertreibung. Das russische Zarenreich, das Osmanische und das Perserreich haben in der gesamten Region vom Kaukasus bis zum Hindukusch ihre Altlasten hinterlassen; jüngeren Datums sind die noch immer unverheilten Wunden, die die Sowjetunion geschlagen hat. Zu oft wurden die Grenzen einfach von der militärischen Überlegenheit bestimmt; ohne Sinn und Verstand laufen sie quer durch alte ethnische und kulturelle Gebiete. Heute sind sie der Hauptgrund für die Konflikte.

Es ist oft nicht einfach, das berechtigte Streben nach Autonomie und den bloßen Aufstand zu unterscheiden, Raubzüge und Polizeiaktionen, Friedenssicherung und Friedenserzwingung, Aggression und Genozid. Afghanistan hatte in seiner Geschichte nie eine National-Bewegung, die eine gemeinsame Identität hätte schaffen können. „Afghanistan war, ist und bleibt eine Gesellschaft der Stämme“, sagt Asad-Aische Rorlich, Historikerin an der University of Southern California, „unter der Oberfläche ist es das fragmentarischste Land in ganz Zentralasien.“ Aber die Stämme haben eines gemeinsam: den leidenschaftlichen Widerwillen gegen ausländische Armeen in ihrem Land.

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MIGOZARAD – „Es wird vorübergehen“
Wandinschrift in Kundus
Fotos von Wolf Böwig

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DIE GAZETTE 38 Sommer 2013
das politische Kulturmagazin
Juni 2013

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